De Chuttle-Fuchs

(Erster Teil der vierteiligen Artikelserie zum Thema Verkehrswege)

Anlässlich der letztjährigen Sammlung von „Frauengeschichten“ wurden auch Erinnerungen über die damaligen Männer erzählt. Folgende zwei Anekdoten hier als Einstieg zum Thema Strassenverkehr:

„Der Chuttle-Fuchs arbeitete in jungen Jahren für die Metzgerei in Sennwald, daher wohl sein Übername. Später war er Ausläufer von Beck Berger in Salez, weshalb ihn die einen auch Büürli-Fuchs nannten.“ „Jeden Tag ging der Chuttle-Fuchs mit Brot auf seinem Handwagen in ein anderes Dorf unserer Gemeinde. Auf dem Brückenwägeli hatte er eine grosse Zaine mit dem Brot und einer Decke darüber. Er ging sogar zu Fuss wegen einem Brötli in die Cholgrueb hinauf in Sennwald, den Wagen liess er jeweils unten beim Schäfli stehen. Er machte dies jahrelang, immer zu Fuss.

Der Bärenlöchler [aus Salez] hatte eine Buurerei und besass ein bhäbigs schweres Pferd. Dieses Pferd konnte man nicht aus der Ruhe bringen. Der Bärenlöchler hatte die Angewohnheit, auf dem Wagen einzuschlafen. Beim Mädli machen schlief er oft ein, das Ross lief einfach weiter. Und wenn es dem Ross dann verleidete, lief es auf die Strasse raus, um nach Hause zu gehen und der Fuhrmann erwachte wieder. Autos gab’s ja damals selten und waren somit keine Gefahr.

Der Chuttle-Fuchs lieferte auch Brot ins Restaurant Bad Forstegg. Er stellte den Handwagen dort nicht etwa auf den Parkplatz, sondern liess ihn einfach am rechten Strassenrand stehen. Da kam eben einmal der Bärenlöchler schlafend mit Ross und Wagen daher, das Ross lief brav am rechten Strassenrand. Da der Wagen breiter war als das Ross, stiess dieser mit dem vorderen rechten Eck in das Brotwägeli, welches umkippte. Das Brot fiel aus der Kiste heraus und rollte über die Strasse. Ein Brötchen wurde unter dem Wagen zerquetscht. Es wurde dann so geregelt, dass das Handwägeli aufgestellt und das Brot wieder eingesammelt wurde und der Bärenlöchler das zerquetschte Brot bezahlte und dem Ross zu fressen gab.“

„Mir Haager Buebe hend denn de Chuttle-Fuchs o plaaget: Wenn er mit sim Charre cho ischt, het er en grad bi üüs hergstellt und isch s‘Brot go verteile. Denn hommer em en Stecke bi de Rad i d‘Speiche toa. Denn isch er wieder cho und isch driighanget i de Wage, und wo denn de Stecke a de Brugg aagstande isch, so dass s‘Rad no het chönne drehe, denn isch denn wieder loosgange. Mir hend denn hinderem Stall g‘loset wie‘n er stalliert.“

alte Felsnägel

Diese Woche ist alten Bildern, Berichten und Kunstwerken aus dem Alpstein gewidmet.
Hier folgt eine Textzusammenstellung, über das, was die alten Bergretter zur Entwicklung des Kletterns in den Kreuzbergen ausgesagt haben.

Alte Felshaken, herausgeschlagen in den 90er Jahren bei der Sanierung der alten Kletterrouten in den Kreuzbergen

Alte Felshaken, herausgeschlagen in den 90er Jahren bei der Sanierung der alten Kletterrouten in den Kreuzbergen

Ganz früher ist wohl mal ein Geisshirt, ein Jäger, Edelweisssammler oder auch ein neugieriger Schulbub auf den Kreuzbergen herum geklettert. Ohne Haken, ohne Seil, ohne Kletterpartner.

Die offizielle Erstbesteigung der Kreuzberge erfolgte dann von Brülisau aus durch Carl Egloff und den Appenzeller Schlossermeister Johann Nänny 1893. Geklettert wurde damals in Nagelschuhen oder barfuss und mit Hilfe eines Pickels. Es wurden noch keine Felshaken zur Zwischensicherung benutzt, diese schon gar nicht als Kletterhilfe zur Fortbewegung verwendet. Das eventuelle Hanfseil wurde nur an schwierigen Stellen umgebunden. „Die ersten Haken sind zum Abseilen verwendet worden.“

„Lange waren einige Gipfel der Kreuzberge unbestiegen und Wände noch nicht bezwungen. Dies machte sie weitherum bekannt.“ „Die Kreuzberge waren berüchtigt gewesen, es kamen viele Auswärtige zum Klettern, einige sind auch verunfallt.“

„Ende 30er anfangs 40er Jahre bediente man sich der Mauerhaken und Karabiner zum Sichern. Die einen haben sich aber auch daran festgehalten, hochgezogen oder die Haken als Steighilfe benutzt.“ Die Möglichkeiten des Anbringens der Mauerhaken waren nur bedingt möglich, es benötigte einen Riss im Felsen, in welchen man den Haken eindengeln konnte. Der Vorangehende hämmerte die Haken in den Fels, hängte das Seil mittels Karabiner ein und der Nachkommende schlug diese zur Wiederverwendung wieder heraus. „Die Haken wurden aus Geldmangel von einigen selber geschmiedet, andere liessen sie wohl vom Dorfschmied herstellen.“ Bevor Karabiner und Klettergurte erfunden waren, wurden Ringhaken verwendet: Die Kletterer hatten das Seil um den Bauch geknüpft. Um sich am Ringhaken zu sichern, mussten sie sich ausbinden, das Seil durch den Ring fädeln und dann wieder einbinden. Mittels dieser Kletterhilfen konnten bisher noch nicht durchstiegene Wände bezwungen werden. „Das Schlagen der Hämmer war weitherum zu hören.“ „Viele dieser Felshaken blieben während Jahrzehnten in den Wänden.“
Dieses technische Vorgehen war bei vielen Bergsteigern der älteren Generation ziemlich verpönt und wurde als ‚alpine Schlosserei‘ beschimpft, welche ’nichts mit Bergsteigen zu tun habe‘.

In den 50er Jahren wurden dann auch Bohrhaken verwendet, „damals wurde noch von Hand gebohrt“. „Die schwierigen Wände reizten viele Kletterer und so waren häufig mehrere Seilschaften unterwegs. Es kamen auch viele Anfänger, denn die Berge hatten ja schon Sicherungen drin.“ „Es gab einige Unfälle.“ „Als wir bei der Schutzhütte auf der Roslen noch keinen Funk hatten, musste einer zur Bollenwies runter, um die Rettungskolonne Sax zu alarmieren.“

Fehlplanung beim Bau der Salezer Brücke

Zusammenbruch Salezer Brücke - Herkunft Foto unbekannt


Dieses Bild hatte ich vor längerer Zeit mal zwischengespeichert, um es hier zusammen mit dem entsprechenden Text des Salezer Fädlerbuben publizieren zu können. Leider hatte ich die Bildquelle nicht notiert. Die Textstelle hier unten einkopiert.

“Selbstredend mussten über den [neu gebauten Binnen-]Kanal auch Brücken erstellt werden, die dann auf ihre Tragkraft geprüft wurden. So erinnere ich mich noch lebhaft an die Prüfung der Kanalbrücke zwischen Salez und Haag, die etwa 500 m von Vaters Häuschen weg war. Der ersehnte Tag war da. Viele, viele Kiesfuhrwerke fuhren heran. Sie wurden mitten in die Brücke gestellt, die ganze Breite und Länge besetzt. Der etwa 12-15 m breite Kanal führte mehr als metertief scharf fliessendes Wasser. Schwarz befrackte Herren kletterten ausserhalb an den eisernen Brückenbalken herum und massen und massen.

Was sehe ich? Ich werde gewahr, dass in der Mitte der Brücke erst ganz langsam die Kiesfuder sich zu bewegen beginnen, dass ganz langsam sich die Brücke senkt, die äusseren Wagen fangen auch an, sich zu bewegen, die inneren schneller, von beiden Seiten her fahren sie in die Mitte und übereinander, die Brücke bricht. Die dicken eisernen Balken sind gekrümt wie “Türggebengel” und ragen ins Wasser hinunter. Dort unten sehe ich einen Herrn, der halb im Wasser hängt, eingezwängt ist zwischen Eisenbalken, die Kanalwellen spielen lustig mit den Flügeln seines Frackes, er aber ruft um Hilfe. Man weiss nicht in welchem Augenblick sich die Wagen weiter in Bewegung setzen könnten und so ist gewiss zu sagen, dass es beherzte Männer waren, welche den Verletzten aus der Situation retteten.

Einige Minuten später sah ich einen Trupp Männer, darunter auch mein Vater, welche einen befrackten Herrn umringten, packten und in den Kanal hinein zu werfen drohten. Das war der für den Brückenbau verantwortliche Ingenieur, Herr Wey. Die Sache bekam ein gerichtliches Nachspiel, dessen Verlauf und Ergebnis mir nicht bekannt ist.

Mich interessierte mehr, dass wir dann nachher auf der Abbruchstelle Eisennieten suchen und um einige Rappen abgeben konnten.”

Weitere Textauszüge des Fädlerbuben, die Salez betreffen, finden Sie hier.

Begehrte Rossbölla in Sax

 

((eingesandt))

„Mini Grosmuetter ischt z Sax im Höfli ufgwachsa und mir hend ihra immer gern zuegloset wenn sie vo doazmol verzellt het, ihra Lieblingsspruch ischt gsi „s ischt nüma wia albigs“. Ei Gschicht wo ich bsonders gern gha ha, ischt dia mit da Rossbölla: Wenn nämert mit Ross dur Sax gfahra oder glaufa ischt, hend d Gofa müesa d Rossbölla mit ema Schüfeli go zämalese für in Garta, s ischt genau abgmacht gsi, vo wo bis wo vor em Hus dia Bölla wem ghörend, het emol eine echli zwit öbera griffa , hends enand mit dem Schüfeli uf da Grind geh…….

Min Vatter het immer vo da „Türggabüch“ gschwärmt, wo sini Mueter amel gmacht heg, da isch a süesses Gebäck us Türgga, i has emol versuecht z macha, aber leider kei Lob gerntet bi ihm. … „

Weitere Fotos aus Sax und Sennwald

Es freut mich, weitere alte Fotos erhalten zu haben, sie sind jeweils unter dem betreffenden Dorf abgespeichert.
Hier eines davon stellvertretend:

Gamser Kirche

„Wie die Gamser Kirche zu Ihrem Grundstück kam“: (Auszug aus „Ein familiengeschichtlicher Rückblick“ von Theo Schöb-Bauer)

Urgrossvater Michael Anton Schöb wurde am 7. September 1814 in Gams geboren und …. ist im Band 1 der Gamser Bürgerregister eingetragen. Seine Vorfahren befinden sich nicht in den Registern, weil vorher die Geburten nur beim Pfarramt, in die sogenannten Kirchenbücher, eingetragen wurden. In Gams war er Mesmer und führte einen kleinen Bauernbetrieb. Er verehelichte sich … 1835 mit Elisabetha Kaiser aus Gams. …. Aus dieser Ehe sind sieben Kinder, drei Knaben und vier Mädchen, hervorgegangen. …

Neben seiner Tätigkeit als Mesmer und Landwirt fertigte Urgrossvater dank seiner handwerklichen Begabung unter anderem auch Schlitten an. Darum auch das nicht zutreffende Gerücht, er sei Wagner gewesen.

… 1860 wurde die ganze neunköpfige Familie von einem harten gemeindepolitischen Entscheid getroffen. Urgrossvaters Bauerngütlein samt Wohnhaus stand auf dem schönsten Platz der Gemeinde Gams. Und weil man eine neue Kirche bauen wollte, sollte sie auch den schönsten Platz im Dorf erhalten. Da gab es kein Wehren und keine Einsprache: in einem amtlichen Enteignungsverfahren musste Michael Anton Schöb Haus und Hof, Grund und Boden für den Kirchenbau abtreten.

Verärgert liess er sich auch vom verheissenen Segen Gottes nicht trösten, schüttelte noch im gleichen Jahr den Gamser Staub von den Füssen, verliess sein geliebtes Dorf und zog grollend mit seiner ganzen Familie und der beweglichen Habe von dannen, um sich in Dieselbach, Gemeinde Mogelsberg, Untertoggenburg, niederzulassen, wo er ein grösseres Heimwesen erworben hatte. Hier versuchte Urgrossvater Schöb mit seiner Frau eine neue Existenz aufzubauen, wobei auch ihre sieben Kinder tatkräftig mitzuhelfen hatten.

… Das jüngste Kind, Markus Anton, war damals 11 Jahre alt. Nachdem er sich schon in Gams als Hirtenknabe auf den nahen Alpen nützlich gemacht hatte, legte er auch in Dieselbach gerne und kräftig Hand an und hatte unter anderem auch die Milch in die Käserei, in die „Hütte“, zu bringen. Für die Mass Milch (1 1/2 Liter) gab’s 11 Rappen.

Versteigerung der Schulhausgülle

Versteigerung Gülle 1882

Versteigerung Gülle 1882

Grabser Schuleinrichtung

 
Episode 16 – „Schule : (aus „Erinnerungen an meine Jugend“ von Lina Mathis-Vetsch)

Jeden Tag wurde zum Anfang und zum Schluss ein Gebet gesprochen. Dies lernten wir von den Drittklässlern, die mit uns im gleichen Schulzimmer und vom gleichen Lehrer unterrichtet wurden.

Wir schrieben mit dünnen Griffeln auf Schiefertafeln. Später bekamen wir Holzgriffel, ähnlich wir Farbstifte, einfach mit einer Griffelmine.

Im Sommer hatten wir nur am Vormittag Schule, nachmittags gab es für die meisten Kinder zu Hause Arbeit. Dafür mussten wir auch am Samstagvormittag in die Schule.

Hausaufgaben kannten wir nicht, auch Prüfungen gab es noch keine, vielleicht in der dritten Klasse mal ein Diktat.

Im Sommer 1952 wurde das neue Schulhaus im Feld mit einem Umzug und Fest eingeweiht. Das alte Schulhaus wurde abgebrochen und an seiner Stelle die Molkerei Grabs gebaut.

Nun wurde also das Schulhaus Feld bezogen. Helle Räume mit grossen Fenstern, neue Pulte und höhenverstellbare Stühle, dazu eine grosse ebenfalls höhenverstellbare Wandtafel, welch ein Luxus! Im alten Schulhaus sassen wir noch in Viererbänken, die unten mit den Pulten starr verbunden waren.

Umzug Einweihung Schulhaus Feld

Umzug Einweihung Schulhaus Feld

Landwirtschaft in den 50er Jahren

Episode 14- „Unsere Arbeiten um 1950“: (aus „Erinnerungen an meine Jugend“ von Lina Mathis-Vetsch)

Als wir grösser waren, hiess es für uns bei den anfallenden Arbeiten mithelfen.

In der warmen Jahreszeit durften die Kühe wieder ins Freie auf die saftigen Felder. Waren die beiden Wiesen zu Hause abgegrast, wurde das Vieh auf weiter entfernte Weiden geführt. Dabei half ich gerne. Mit dem Velo lief ich voraus, ab und zu war ein Lockruf nötig: Hoo-o-o-o, chomm weili weili, chomm, buu-u-uu!, und die Vierbeiner folgten hinter mir her. Meistens hatte die Kuh namens „Braune“ ihr Maul fast am Velosattel, so nah lief sie hinter mir her. Zuhinterst folgte unser Vater oder mein grosser Bruder mit einem Stock in der Hand. So marschierte die ganze Truppe auf der Hauptstrasse z.B. beim Restaurant Krone vorbei zur Marienwies. Gegen Abend wurde das Vieh wieder nach Hause geholt zur Fütterung mit Heu und zum Melken.

Wenn mein Bruder mal nicht da war, durfte ich die Kühe „handle“, das heisst vormelken. Dabei musste ich die Euter mit den Händen streicheln und zwar immer von oben nach unten zu den Zitzen. So wurden sie stimuliert, um die Milch besser fliessen zu lassen.

Wenn eine Kuh trächtig war, schickte uns der Vater gegen Ende der Tragzeit zur „Mali“. Wir musste bei ihr Globuli holen „zum besser kalbern“. Mali war Homöopathin. In einem Zimmer befanden sich auf Wandkonsolen viele grosse, braune Glastöpfe, in denen die Globuli aufbewahrt waren. Sie mischte die kleinen, weissen Kügelchen nach Rezepten aus einem grossen, dicken Buch. Waren wir Kinder erkältet, besorgte Mutter für uns Akonit (Aconitum). Weil wir selten Süssigkeiten zu Hause hatten, stibitzte ich manchmal von den süssen Globuli.

Im Frühjahr wurden die Kartoffeln gesteckt, dann wurde mit Heuen begonnen, danach folgte schon wieder das Emden.

Eines Morgens hörte ich Vater in der Küche zu Mutter sagen: „Heute gehe ich mähen.“ Das rief in mir keine Freude wach, ich ging viel lieber zur Schule als zum Heuen. Aber ich konnte die Jahreszeiten und die Arbeiten nicht aufhalten.
So mussten wir alle, gern oder ungern, tüchtig mithelfen. Am liebsten schichtete ich das Heu auf Heinzen. Vater ordnete das Heinzenmachen nur an, wenn eine Schlechtwetterperiode angesagt war. So war ich für einige Tage von meiner ungeliebten Arbeit befreit.
Wir besassen damals nur eine Mähmaschine und einen Schwadenrechen, mit dem man Mädli machen konnte. Alle andern Arbeiten mussten von Hand verrichtet werden.
Nach dem Heuen wurde unverzüglich mit Emden begonnen. Das Emd war um einiges leichter als das Heu. So war auch das „Worben“ und „Zetten“ weniger streng. Am frühen Vormittag musste das frisch gemähte Gras geworbt, anschliessend die Schöchli vom Vortag auseinander gezettet, am Nachmittag dieses fast dürre Heu nochmals gezettet werden. Dann konnte man es mit dem Schwadenrechen zu Maden zusammenmachen.
Nun begann man das Heu zu laden, Mutter und Bruder gabelten das Heu auf den Brückenwagen, wo es Vater fachgerecht zu einem gleichmässigen Fuder aufschüttete. Ich musste mit dem grossen Rechen hinten noch den liegengeblieben Rest zusammenrechen.
Das ganze Fuder wurde mit einem Bindbaum und einem Seil gut angebunden und dann von unserem treuen Pferd Kuba nach Hause gezogen. In der Tenne wurde das Futter für den Winter mit Gabeln, später mit einem Zangenaufzug auf den Heustock gebracht, wo wir Kinder es feststampfen mussten. Wir waren barfuss und die dürren Heustängel verursachten etliche Kratzer an den Beinen. Auch beim Arbeiten auf den Wiesen zogen wir manch schmerzhaftes „Stumpenloch“ zu, meistens zwischen den Zehen.

Andere Kinder sammelten mit ihren Schaufeln und Holzkisten auf den Strassen im Dorf den Pferdemist als Dung für die Gemüsegärten ihrer Mütter.

ein Fuder Heu

ein Fuder Heu

 

Nach der Heuernte folgten gleich die Kartoffelernte. Dies verrichtete Vater mit dem vom Pferd gezogenen Pflug . Wir mussten die reiche Ernte auflesen, dabei die Ackererde gut abreiben und die vollen Körbe in Säcke leeren.

Im Herbst war Obst pflücken und auflesen angesagt.
Vater pflückte Äpfel, die er nach Gams an den Frucht- und Gemüsehändler Kesseli verkaufen konnte. Dieser wiederum hatte seine Kunden in der halben Ostschweiz, mit dem Lastwagen fuhr er bis nach St. Gallen an den Markt. Das Fallobst lasen wir auf. Diese Arbeit liebte ich, mit Mutter machten wir Wettrennen, wer zuerst einen Kratten voll hat. So war der Boden unter einem Baum schnell gesäubert und Sack um Sack mit Mostobst gefüllt. Die letzten Äpfel waren die Bosdorferli. Ich erinnere mich, dass Mutter und ich einmal bei eisigkaltem Wetter und leichtem Schneegestöber die letzten Mostäpfel auflasen.

Wir hatten auch einen Acker mit Mais. Da freuten wir uns auf die „Türggeusscheletä“. Im Tenn wurden die reifen Maiskolben auf einen Haufen geschüttet. Auf den Längsseiten der Tenne standen Holzbänke, auf denen wir und einige unserer Nachbarn Platz nahmen. Dann griff man sich einen Maiskolben, schälte die Blätter weg, liess aber drei bis vier starke Blätter daran. So konnte man je zwei Kolben miteinander zu einem Paar verknüpfen. Diese wurden zum Trocknen im luftigen Estrich an Holzleisten aufgehängt. Waren die Maiskörner hart, wurden sie in der Stricker-Mühle zu Mehl gemahlen. Bei dieser „Türggeusscheletä“ ging es meist lustig zu und her. Es wurde gesungen, Geschichten von früher erzählt, Witze zum Besten gegeben, man lachte und freute sich. Nach der Arbeit gab es einen Imbiss, ich erinnere mich an Birnbrot mit Butter und Kaffee. Wahrscheinlich war auch Most vorhanden.

In meiner Jugendzeit hatte es viel mehr Schnee, als heute. Oft lag am Morgen 30 bis 40 cm Neuschnee. Dann nahm Vater den kleinen Schneepflug hervor, spannte unser Pferd davor und pflügte die Gässchen und Gassen um unser Haus und in der Nachbarschaft. Der Schneepflug bestand aus zwei etwa 40 bis 50 cm hohen, starken Brettern, die zu einem „V“ verfestigt waren. Quer darüber wieder ein Brett, auf dem unser Vater sass, das Leitseil in der Hand. Das Pferd zog den Pflug durch den Neuschnee und so entstanden begehbare Wege.

Bekleidung früher

 

Episode 13- „Kleidung um 1950“: (aus „Erinnerungen an meine Jugend“ von Lina Mathis-Vetsch)

Fussbekleidung
Wir liefen während der ganzen warmen Jahreszeit barfuss, auch zur Schule trugen wir bis zur Oberstufe keine Schuhe. Für den Sonntag hatten wir aber weisse Söckli und Sonntagsschuhe.
Barfuss gehen durften wir im Frühling erst, wenn auf dem Pierbühel kein Schnee mehr lag oder der Kuckuck das erste Mal seinen Ruf erschallen liess. Im Herbst konnten wir barfuss gehen so lange wir mochten. So härtete man sich ab für den Winter.

Für meinen ersten Schultag nähte mir Mutter eine hochgeschlossene Schürze mit „Fälbeli“ (Volants) an den Achseln. Darunter trug ich einen blau-weiss karierten, langärmligen Rock. Um die Rock- und Pulloverärmel zu schützen, trugen wir Überärmel. Diese reichten vom Handgelenk bis über den Ellbogen. Sie waren aus Baumwollstoff und hatten vorne und hinten einen Gummizug. Schürzen trugen wir während den ganzen Schuljahren, sogar in der Sekundarschule.

Kleidung im Winter
Wir Mädchen zogen nun an Stelle eines Rockes unsere Skihosen an. Mutter nähte sie selbst aus warmem Wollstoff aus „Rohners“ Stoffladen. Erst waren es richtige Plumphosen, die nach ein paar Jahren, in denen wir wuchsen, fast zu Keilhosen wurden.
Als Winterschuhe trugen wir über die Knöchel reichende Schuhe mit Holzboden. Die waren recht warm, hatten aber den Nachteil, dass sich an den Holzsohlen Schneeklumpen bildeten. Später hatten wir dann Winterschuhe mit starken Gummisohlen. Unsere Unterwäsche bestand aus selbst genähten Barchenthemden mit langen Ärmeln und Interlockunterhosen, die an den Beinabschlüssen einen Gummizug hatten. Die Hosenbeine reichten bis etwa Mitte der Oberschenkel. Interlock ist ein Baumwollgewebe ähnlich einem Jersey, der aber auf der Innenseite aufgerauht war, fast wie Frottee.
Wir hatten auch Einteiler als Unterwäsche. Auch diese waren aus dem gleichen Material, hatten lange Ärmel und lange Beine bis zu den Knöcheln. Damit wir auf den Abort konnten, hatten diese Einteiler an der Hinterseite der Hose ein oben abknöpfbares Teil, das man hinunterlassen konnte.
Gestrickte Wollstrümpfe schützten die Beine vor der Kälte. Die Strümpfe reichten bis zum Ende der Oberschenkel.
Über dem Unterhemd trug man ein „Gstältli“. Das war wie ein ärmelloser Pullover mit schmalen Achseln und reichte nur bis zur Taille. Beidseitig war am unteren Rand je ein Lochgummiband angenäht. An den Strumpfabschlüssen befand sich an der Beinaussenseite je ein Knopf, an dem man das Gummiband einhängen konnte. So rutschten die Strümpfe nicht hinunter. Etwa in der 5. Klasse mussten wir in der Handarbeitsschule selbst ein Paar Strümpfe stricken. Meine waren aus beiger Wolle, das Muster zwei rechts, zwei links, die rechten Maschen in jeder 6. Runde immer gekreuzt: so entstand ein Zopfmuster. Ach wie hatte ich lange Beine, ich glaubte, ich würde nie fertig mit „lisme“, und doch schaffte ich es.
Gestrickte Fausthandschuhe und Mützen hielten Hände und Kopf warm. Die Jacken waren auch aus Wolle gestrickt, oder Mutter nähte uns solche aus warmem, dunkelblauem Wollstoff.