Nebenverdienst im Alter

 

Episode 6 – „Das Leben im Alter“: (aus „Erinnerungen an meine Jugend“ von Lina Mathis-Vetsch)

Die AHV wurde erst im Jahre 1948 eingeführt. Vielfach wohnten die alten Leute mit ihren Söhnen oder Töchtern und deren Familien zusammen, halfen im Haushalt mit und hatten dafür zu essen und ein Dach über dem Kopf.

Andere mussten wohl von ihrem mühsam Ersparten leben und dazu wenn möglich noch mit irgend einer Arbeit einen Zustupf verdienen.

Da gab es eine Hausiererin, die mit einem alten Kinderwagen von Haus zu Haus ging und Kleinkram wie Schuhbändel, Faden, Nastücher, Kupferplätze usw. verkaufte. Einmal im Jahr kam von Wartau das „Chellefraueli“. Sie trug auf dem Rücken eine Kräze (Rückentragkorb), die behangen und gefüllt war mit verschiedensten Holzkellen.

Im Bürgerheim wohnte ein Mann, der „Chachleflicker“. Ihm konnte man feuerfeste Steingutschüsseln, die im heissen Ofen mal entzwei gingen, zum Flicken bringen. Mit feinem Draht nähte er die Stücke wieder zusammen. Wie er die feinen Löchlein ins Steingut bohrte ist mir unbekannt.

Jeden Samstag machte „s’Chämifeger’s Dres“ mit einer schwer beladenen Kräze auf dem Rücken seine Tour zu den Kunden. Er trug Wurstwaren und Fleisch von der Metzgerei Ochsen aus.

Eine alte Frau verdiente einen 20-Räppler, wenn sie in die Häuser kam um den Tod eines Gemeindemitgliedes zu verkünden. Damals kam die Zeitung nur drei Mal pro Woche. So verrichtete die „Chircheheiseri“ (sie hiess zur Kirche) einen guten Nachrichtendienst. Sie wusste jeweils auch Bescheid über den Verwandtschaftsgrad, und ob die Männer bei der Beerdigung manteln müssen.

Grabs 1954

Grabs 1954

Grabser Milchbüechli

 

Episode 5 – „Milchzahltag“: (aus „Erinnerungen an meine Jugend“ von Lina Mathis-Vetsch)

Bis im Frühling 1954 die Milchzentrale eröffnet wurde, trug unser Vater jeden Vormittag und Abend mit der Tanse auf dem Rücken die Milch zu seinen Kunden im Dorf. Am Abend war die letzte Station im Haus unserer Grossmutter. Im hinteren Hausgang standen drei bis vier Milchkesseli bereit. Es waren die Kannen von Beck Leart (Leonhard), später Schmitter, die Kesseli von „Gäbschä Babä“, von Rose-Helmi und das der Grossmutter.
Unsere Grossmutter hatte in den 50er Jahren schon ein Radio. Da wurden von Jeremias Gotthelf die Hörspiele „Ueli der Knecht“ und „ Ueli der Pächter“ gesendet. An den Hörspielabenden erschien Vater pünktlich, oft war auch Besuch der Milchkunden dabei, die an manchen Abenden mit Grossmutter einen Jass klopften.

auf Milchtour

auf Milchtour

 

Im Jahre 1954 wurde die neue Molkerei Grabs eröffnet, vorher war dort das alte Schulhaus. Von da an musste Vater die Milch nicht mehr auf dem Velo seinen Kunden von Haus zu Haus austragen. Nun wurde die Milch in die Molkerei gebracht. Als wir grösser waren, mussten wir am Abend die Milch auf dem Handwägeli zur Molkerei bringen. Da traf man auch andere Kinder, konnte mit ihnen ein Stück des Weges gemeinsam gehen und noch etwas schwatzen und lustig sein.

Im Laden der Molkerei konnten die Leute die Milch im Offenausschank kaufen. Der Käser stellte aus der Milch aber auch Yoghurt, Butter und Käse her.

Die Ablieferung in der Molkerei war auch für Mutter eine kleine Erleichterung. Nun musste sie die Milchtanse nicht mehr im Brunnen sauber waschen. Man konnte sie sofort nach dem Leeren an der Waschanlage reinigen.

In der Molkerei wurde die Milch gewogen und die Menge in einem Büchlein aufgeschrieben. Jeden Monat wurde dann abgerechnet und es war Zahltag! Auf diesen Tag wartete Mutter oft sehnsüchtig, wenn im Geldsäckel gähnende Leere war.

Grabser Feierabend-Gespräche

 

Episode 4 – „Mit Grossmutter auf dem Heimweg“: (aus „Erinnerungen an meine Jugend“ von Lina Mathis-Vetsch)

Nachdem ihr Mann starb, war Lina tagsüber bei ihrer Tochter und deren Familie. Jeden Abend nach dem Essen wurde sie vom Oberfeld nach Hause ins Oberdorf begleitet. Auf diesem Fussmarsch durch das Dorf gab es manche Gespräche mit Leuten, die nach Feierabend noch draussen waren. Damals gab es noch nicht in jeder Stube ein Radio und schon gar nicht einen Fernseher.

Im Holland stand oft „Òschles Fluri“ am Tenntor. Da wurden einige Worte über das Wetter und den Verlauf der Heu- oder Obsternte gewechselt. Bei der Post und der Kreditanstalt (heute Velohandlung Lindenau) wohnten Kathrina und Tèäbis. Die Themen der Gespräche handelten meistens vom Dorfgeschehen und der Politik.
Der Heimweg ging weiter, an der Milchzentrale vorbei dem Oberdorf entgegen. Manchmal gab es bei „s’Thomäsä“ noch einen Halt. Ueli, Betheli und Chläusli, den sie „dr Bueb“ nannten, waren drei altledige Geschwister. Der Chläusli war häufig schon im Bett, da er ja die ganze Landwirtschaft (2-3 Kühe) allein bewältigte. Ueli war Musiker, anfangs kostete eine Gitarren-Stunde 1.- Fr., später 1.30 Franken. Betheli und Ueli schätzten die abendlichen Besuche, und oft griff Ueli in die Saiten seiner Zither und spielte das bekannte Harry Lime Thema aus dem Film „Der dritte Mann“. Diese zwei alten Leutchen konnten auch wunderbar erzählen und dabei herrlich übertreiben, dass man darüber nur schmunzeln konnte.

Hier ein paar Müsterchen, entnommen aus „Erinnerige as Thomäs“, vom Dachdecker Dres geschrieben:

Es isch en Nebel chuu, digg wie e Wònn, me hät denan bim Mischtzette tägwiis nid gseäh. Me hät Mischtfurgge nid müesse iestegge, sie isch selber gschtònne bi dem Nebel. Un vom Läde uftoä isch ke Red gsi, dr Nòmme häsch chönne iichretzä, soe digg isch dr Flot glegä.

Dr Chläusli hät emol uf dr Alp soe fescht Zòhweäh gkò, dass er drei Täg mus-chleppertoäd i dr Chripp hinn glegä sei.

Ass es eim bim Schtürmä d’Chnöpf vom Schoeppä ewegg rupft, seb weissme, aber d’Sögg zun Schuehne us, seb isch denn gschtürmt. Sisch denn o ruch un chalt worde, d’Chüeh häts tischhoech ufgworfe, soe häns gfrore.

Es sei e dergi Hitz gsi, dass em Betheli ihri Schoess bräselät heg. Un Breme hegs gkò, wie sechswüchegi Färli. Sie hegen dr Chläusli gnu, as es blüetet heg, as wie wemmä e groessi Sau gmetzget het. Jo, abgnaget hensne bis uf d’Chnoche, klepperet hegs, wenn er ummeglaufe sei.

In der Fasnachtszeit hatte Betheli alle Hände voll zu tun. Sie buk Fasnachts-Chüechli. Man brachte ihr die Zutaten: Eier, Mehl, Pferdefett und eine grosse viereckige Zeine, um darin die fertigen Chüechli nach Hause zu holen. Die Beiden verdienten mit ihren Arbeiten das Geld für den bescheidenen Lebensunterhalt.

Gewerbe in Grabs

 

Episode 3 – „Fuhrhalterei und andere Gewerbe in Grabs“: (aus „Erinnerungen an meine Jugend“ von Lina Mathis-Vetsch)

Nach der Sekundarschule lernte Lina Damenschneiderin. Nebenbei half sie zu Hause tüchtig mit. Überall wo ihre Hilfe nötig war, in der Küche oder im Service.

Auch Stephan Vetsch, Jahrgang 1879 aus Grabs, kehrte öfters im Rössli Sax ein. Er fand Gefallen an der fleissigen Lina. Die jungen Leute verliebten sich und heirateten.
In den ersten Jahren arbeitete der junge Ehemann bei seinem Bruder in der Sägerei und Mosterei sowie in der Landwirtschaft. Sein Wunsch war aber das Fuhrwerken.

Er bewarb sich bei der Konsumgenossenschaft Grabs für den Camionagebetrieb. Gemäss Schreiben vom 25. Februar 1910 wurde er auf den 1. März als Camioneur angestellt:

Zusage als Camioneur

Zusage als Camioneur

 

Im November gleichen Jahres konnte er die Liegenschaft im Oberdorf Grabs erwerben. Nun war sein Berufswunsch in Erfüllung gegangen und mit dem eigenen Haus und Stall der Grundstock gelegt für ein blühendes Geschäft. Mit Pferd und Wagen holte er am Bahnhof Buchs die Güter ab und brachte sie an die Bestimmungsorte. Der Konsumverein, Stickereien, Spinnereien, die Reisserei Vetsch an der Sporgasse waren ebenso Kunden wie die Schafwollspinnerei Sturzenegger im Vorderdorf. Auch für die Schuhfabrik waren Güter zu transportieren. Die fertigen Fabrikerzeugnisse wurden wiederum zum Verlad an den Bahnhof Buchs gebracht.

Fuhrmann Stephan Vetsch beim Bahnhof Buchs

Fuhrmann Stephan Vetsch beim Bahnhof Buchs

 

Die gute Schulbildung seiner Frau war von Vorteil. Sie schrieb mit ihrer schwungvollen Schrift mit Federhalter und Tinte die Frachtbriefe. Sie bediente auch das Telefon, einer der ersten Fernsprechapparate in Grabs. Er hing in der Nebenstube, gleich neben der Türe und hatte einen Holzgriff mit einer schwarzen Bakelitsprechmuschel.

Lina besass auch ein Velo, das mit einer Karbidlampe, einem Rücktritt und einer „Pneubremse“ ausgestattet war. Mit ihm war sie in kurzer Zeit vom Oberdorf bei den Geschäften im Dorf, um ihre Einkäufe zu tätigen. Die Bäckerei befand sich gleich über der Strasse. Dort holte sie bei Beck Leart das Brot. Und auf der „Rose“ (auch in nächster Nähe) gab es einen USEGO-Laden, wo die nötigsten Lebensmittel erhältlich waren. Das Fleisch kaufte sie in den Metzgereien „Zwifel Peter“, im Ochsen beim Toni Singer oder im Schäfli. Einen weiteren Spezereiladen war „s’Laager’s“, auch im Oberdorf.

Die Familie wuchs, auch die Fuhrhalterei wuchs und bald standen im Pferdestall bis zu sieben Pferde. Ein Knecht half bei der Arbeit mit. Als der älteste Sohn die Schuljahre beendet hatte, war er als junger Fuhrmann seinem Vater eine grosse Hilfe. Leider verunglückte er mit siebzehn Jahren tödlich.
Der jüngere Sohn half nun tüchtig in der Fuhrhalterei mit. Arbeit war für alle da, das Geschäft blühte, und für die Pferde musste auch Heu herbeigeschafft werden. Später wohnte er mit seiner Frau im Quader, wo sie einen kleinen Mercerie- und Stoffladen führte. So konnte sie etwas zum Zahltag ihres Mannes, der dann in der Schuhfabrik Martin arbeitete, dazu verdienen.

Die Tochter Katharina lernte nach der Schule den Beruf der Herrenschneiderin. Nebenbei verdiente sie sich einige Franken im Service, vor allem im Restaurant Löwen Grabs. Den Servierkurs besuchte sie in Buchs. Im April 1938 heiratete sie Florian Vetsch von der Grenze. Sie erwarben die Liegenschaft im Oberfeld, wo sie eine Landwirtschaft betrieben.

Im Jahre 1947 wurde der Fuhrhaltereibetrieb an Florian Lippuner im Feldgatter übergeben.

mulmiger Schulweg

 

Episode 1 – „Grossmutters Schuljahre“: (aus „Erinnerungen an meine Jugend“ von Lina Mathis-Vetsch)

Meine Grossmutter Lina war das erste Kind der jungen Eheleute Johannes und Elisabeth Bernegger und wurde 1884 in Sax geboren. Die junge Familie lebte von der Landwirtschaft. Im Jahre 1885 erbauten sie im Farnen Sax ein eigenes Haus und eröffneten dort fünf Jahre später die Gastwirtschaft zum Rössli.

In der Schule

Das Mädchen wuchs heran, besuchte in Sax die Primarschule und kam stets mit guten Zeugnisnoten nach Hause. Daran freute sich ihr Vater besonders und schickte sie wohlweislich in die Sekundarschule. Dies war zu jener Zeit für Mädchen eine Seltenheit. Die waren doch bestimmt zum Heiraten, Haushalten und Kinder erziehen: Also brauchen sie keine höhere Schulbildung war die damalige Volksmeinung. Linas Vater war aber selbst ein kluger, weitsichtiger Mann, also besuchte das Mädchen die Sekundarschule in Frümsen. Den Weg dorthin legte sie täglich zu Fuss zurück. Das Mittagessen konnte sie bei der Base in Frümsen einnehmen.

Der lange Heimweg am späten Nachmittag dauerte in der kalten Jahreszeit oft bis in die Dunkelheit. So geschah folgendes: Es sei schon recht dunkel gewesen. Strassenlaternen gab es nur wenige im Dorf. Ausserhalb der Häuser war es stockdunkel. Das Mädchen war auf dem Heimweg auf der geraden Strecke im Farnen Richtung Rössli. Plötzlich kam ihr eine Gestalt mit einer Sturmlaterne entgegen. Angst stieg in ihr hoch. Sie legte sich unverzüglich einen schwerfälligen Gang zu, sodass die Nagelschuhe in der Kiesstrasse ein Kratzgeräusch erzeugten. Durch diese Töne bekam es aber auch die „Sturmlaterne“ mit der Angst zu tun und machte rechtsumkehrt. Als Lina zu Hause ankam, erzählte sie ihrer Mutter von dieser Beinahe-Begegnung. Da musste die Mutter lachen und gestand, dass sie es war auf der Suche nach ihr.

Kleidung in der Sekundarschule

In der Sekundarklasse waren vier Mädchen und sechzehn Knaben. Die Knaben trugen Hemd und Hosen, darüber einen Kittel. Für den Fototermin gar eine Krawatte und eine Studentenmütze. Die Mädchen trugen lange Röcke, ein hochgeschlossenes, langärmliges Oberteil und darüber eine schwarze Schürze, deren Saum nicht selten mit Spitzen verziert war. Lederschuhe mit genagelten Sohlen war die Fussbekleidung für Buben und Mädchen. Dazu sicher wollene Strümpfe, die wohl mit einem Gummiband an einem „Gstältli“ befestigt waren.

Sekundarschule Frümsen

Sekundarschule Frümsen

I wüsch dr Glück

 

Episode 17 – „Walz“: (aus „kurze Lebensbeschreibung und Jugend-erinnerungen“ verfasst von Christian Tinner, geboren 1880)

„Mein Bruder berichtete nach Hause, er hätte für mich eine Stelle als Gärtnerlehrling gefunden. Ich müsse drei Jahre Lehrzeit durchmachen aber kein Lehrgeld bezahlen und hätte Kost und Logis frei. Ich müsste aber sofort antworten und baldmöglichst eintreten. Ich dachte, wenn ich eine gesunde Arbeit im Freien habe und besser und genug zu essen bekomme, bessert sich mein Leiden vielleicht bald. … Im Einverständnis mit den Eltern schrieb ich an Johann, dass ich am nächsten Sonntag mit dem Zug X in St. Gallen eintreffen werde.

Meine „Reisevorbereitungen“ erforderten sehr wenig; die Wäsche und Kleider gaben nur ein Päckli, das ich sehr gut in den Personenwagen neben mir mitnehmen konnte. Der Vater kam mit mir auf die Station und löste „St. Gallen einfach“ sonst konnte er mir nichts geben, als „i wüsch dr Glück“.

Es war ein wunderschöner Sommersonntag und ich hatte ordentlich Stolz, dass ich eine so grosse Reise machen durfte und bewunderte Mal links, das andere Mal rechts, das schöne Rheintal und die vielen Dörfer, deren Namen ich noch aus der Primarschule fast alle wusste. Es kam mir dann aber auch noch in den Sinn, erzählen gehört zu haben, vor Rorschach rufe jeweils der Kondukteur „Rorschach, sitzen bleiben, Zug fährt in Hafen“. Wohl dachte ich, dass es sich um den Bodensee handeln muss, aber ich hatte doch keinen Begriff, wie dieser „Hafen“ aussehen werde.

Die Fahrt dem See entlang versetzte mich in tiefes Staunen.“Jez hani gmont i hei en groassa Sea gsea woni de Werdeberger Sea gsea ha, aber ena ist gad nünt a der ei“ sagte ich für mich selbst.

Plötzlich ertönte es: Rorschach, sitzen bleiben, Zug fährt in Hafen. So nahe dem See entlang, ich meinte fast er müsste hinein fallen. „Rorschach-Hafen, St.Gallen sitzen bleiben. Wie war da ein Gewirr von Leuten. So etwas hatte ich noch nie gesehen, als beim Ausflug der Realschule nach Zürich. Aber der „Hafen“? Einen solchen Hafen hatte ich mir nicht vorgestellt, eine hohe lange Bogenmauer in den See hinaus und innerhalb derselben wimmelte es von „Gondeli“. Aber das Grossartigste waren eben die langen grossen Dampfschiffe. So nahe am Bahnhof! Zwei waren da und jedes hatte einen angeketteten Steg an das Ufer und alles schaukelte zünftig, die Schiffe und Stege, und doch gingen viele Leute über diese Stege und wackelten auch.

Nur noch drei Stationen und wir sind in St. Gallen.

………………

Anno 1896 kam ich durch Vermittlung meines ältesten Bruders nach St. Gallen in eine Gärtnerlehre. Es hätte mir gut gefallen etwas zu lernen, aber ich war körperlich zu schwach und bekam zudem sehr wenig zu essen, so dass ich eher noch schwächer wurde. Auf Reklamation eines früheren Lehrers, der mich zufällig einmal antraf, reklamierte mein Vater beim Lehrmeister und der Lehrvertrag wurde aufgelöst. Ich kehrte wieder heim.

Wir wohnten jetzt in Frümsen. Von hier aus ging ich täglich nach Salez und stickte auf einer 4/4 Handmaschine und verdiente sehr wenig. Am 17. Januar 1897 verliess ich endgültig mein Elternhaus und zog nach Bühler (Appenzell) zu meiner seit einigen Monaten dort verheirateten Schwester Anna.“

Auch hier trat ich in einer kleinen Fabrik als Sticker ein und blieb 6 Wochen. Ich bekam dann eine Stelle als Packer und Ausläufer in der Appretur Abraham Preisig-Sutter. Ich wurde sozusagen im ganzen Betrieb in die Arbeit eingeführt (Appretküche und Saalarbeiten) und erhielt 25 Rappen Stundenlohn = Fr. 2.50 im Tag, ältere Arbeiter hatten 3 Franken. Hier war ich 3/4 Jahre.
Da mein Schwager unterdessen nach Rüdlen-Gossau bei Herisau übersiedelt war, zog es auch mich dorthin, aber schon nach kurzer Zeit wieder zurück nach Bühler. Hier fand ich Arbeit in der Bleicherei Fisch und Preisig, aber diese Arbeit war für mich zu streng und ungesund. Ich erkrankte an Lungenentzündung, nachher konnte ich diese Arbeit nicht mehr ertragen und ging als Wanderbursche auf die Walz und unter vielen Entbehrungen durchwanderte ich einen grossen Teil der Schweiz zu Fuss und etwas ins Deutsche Grossherzogtum. In 26 Tagen von Bühler nach Gossau, Wil SG, Winterthur, Zürich, Zug, Luzern, Bern, Biel, Grenchen, Balsthal, Liestal, Basel, Rheinfelden, Säckingen, Waldshut, Griessen, Schaffhausen, Kreuzlingen, Arbon, St. Gallen, Gossau. Ankunft: Gesund aber ausgehungert.

Dies war die letzte Episode aus dieser interessanten Schrift. Im Originaldokument folgen noch Beschriebe seiner Zeit in St. Gallen und Grund seiner Rückkehr, sowie Betrachtungen zum Beruf des Stickerei-Zeichners. In der Rubrik Bijoux kann das Originaldokument als PDF geladen werden.

Konfirmation – und kein Geld für die Ausbildung

 

Episode 16 – „Konfirmation“: (aus „kurze Lebensbeschreibung und Jugend-erinnerungen“ verfasst von Christian Tinner, geboren 1880)

„Am Karfreitag, 6. April 1896 fand in der Kirche Salez durch Herrn Pfarrer Sonderegger die Konfirmation statt. Er gestaltete sie besonders festlich gegen frühere Jahre, weil wir eine grössere Klasse waren und die meisten gut singen konnten. Es war üblich, dass der Pfarrer jedem Konfirmanden einen schön farbig gedruckten Konfirmandenzeddel gab. Man mass diesem Zeddel eine besondere Bedeutung zu, denn sie waren inhaltlich verschieden.

Dieser Tag der grossen Freude war aber für mich auch ein Tag schweren Kummers. Was wird mir nun das Leben bieten, wie werd ich mich durchbringen? Ich war kaum mehr als 130 cm gross, unterernährt, schwach und mittellos. Fädeln, Fädeln war mein Los.

Es hätte auch anders sein können. Nach einer der letzten Unterrichtsstunden fragte mich Herr Pfarrer, was ich nachher zu tun gedenke. Aber ich war planlos. Er sagte mir: „Ich habe schon oft darüber nachgedacht und ich habe die Meinung, du solltest ins Lehrerseminar nach Rorschach gehen. Es braucht drei Studienjahre und kostet 300 Franken pro Jahr. Das erste Jahr will ich dir bezahlen! Für die anderen Jahre müsstest du selber aufkommen“. „Ich danke ihnen recht sehr für Ihr Anerbieten, Herr Pfarrer, aber ich weiss nicht wie ich die anderen 600 Franken aufbringen könnte“. „Du hast doch einen vermöglichen Onkel, den Hammerschmied Beusch in Sennwald, der könnte es dir leicht geben“. „Ja, wenn er wollte, aber der weiss ja wie arm wir sind und er hat uns noch nie etwas gegeben, ausser etwa Kaffee, Brot und Butter, wenn wir hie und da einmal zu Besuch eintrafen.“ „Du könntest dich auch um Stipendien bewerben und in der Ferienzeit kollektieren, wenn du gute Zeugnisse aus dem Seminar bringst“. „Herr Pfarrer, ich würde es kaum über mich bringen, betteln zu gehen, lieber will ich mich mit Arbeiten durchs Leben schlagen.“

Wie gerne hätte ich zum Anerbieten des Herrn Pfarrer ja sagen wollen! Aber ich hatte ein geheimes Leiden an mir, das ich ihm nicht sagen mochte und gegen das ich von frühester Jugend gekämpft hatte, umsonst! Ich konnte und durfte es nicht wagen, mit diesem Leiden ins Seminar zu gehen. – Ererbte durch Frost und Unterernährung vermehrte Blasenschwäche lässt sich weder mit schimpfen noch mit schlagen heilen.

Wie leid es mir tat auf das angebotene Glück zu verzichten! Fädeln, fädeln und zeitweise sticken war mein Los.

Handmaschinenstickerei – ein Blick zurück

 

„Erinnerungen aus Sicht der nachfolgenden Generation zur Stickerei“: (Ergänzung zu „Kurze Lebensbeschreibung und Jugenderinnerungen“ verfasst von Christian Tinner, geboren 1880

Anfangs Jahrhundert wurde die Handmaschinenstickerei oft als Nebenerwerb zur Landwirtschaft betrieben. Die Kinder mussten schon früh die Garne in die Stickmaschinennadeln einfädeln lernen, um den Erwachsenen bei der Arbeit zu helfen.

Die diversen Sticklokale sind heute zum Teil noch vorhanden, aber umgebaut für andere Verwendungszwecke.

Die Fergger grösserer Stickereifirmen (vor allem aus St. Gallen, aber auch aus der Region) lieferten die Gewebe und das Stickmaterial und holten die fertigen Stickereien wieder ab. Wobei die einen überheblich zur Schau trugen, wie reich sie im Gegensatz zur armen Dorfbevölkerung seien und ihre Zigarren demonstrativ mit Geldnoten anzündeten.

Bis zum ersten Weltkrieg sind über hundert Stickmaschinen in den Sennwalder Dörfern betrieben worden. Nach Erfindung der Schifflistickmaschine waren die Handmaschinensticker nicht mehr konkurrenzfähig. Ab ca. 1925 wurden die Maschinen aus den Lokalen entfernt und verschrottet.

„Wie die ehemaligen Sticklokale später genutzt wurden in Frümsen“:

„Wir Bäckerskinder brachten unseren Kunden zweimal pro Woche das bestellte Brot. Oft hatte ich Probleme mit den Hunden unserer Kunden. Zwei- bis dreimal pro Woche brachten wir auch die bestellten Backwaren zur Brotablage bei KarlsBerta im Grista: Karl Engler betrieb eine Velohandlung im ehemaligen Sticklokal und eine Ecke im Hintergrund war mit Gestellen für die Backwaren vorgesehen. Die Kundschaft bestand vor allem aus den auf Grista und der näheren Umgebung wohnenden Familien.“ (Zitat aus Doazmol Band 2)

stickereihaus

 

„Im Jahr 1922 verkaufte meine Grossmutter als Wittfrau ihre Bäckerei an Robert Ender. Sie kaufte danach das Haus mit angebautem Stall an der Holengass mit der Absicht, aus dem Sticklokal einen Lebensmittel-Laden zu machen. Diese Idee hat sie dann konsequent umgesetzt und das Lokal in ein schönes Ladengeschäft umbauen lassen.“ (Zitat aus Doazmol Band 2)

 

„Alli sind in Turnverein nach em Schuelabschluss (de Turnverein gits sit 1945). Ötschis anders hets denn gär no nöd gee. All Wuche on Obed sinds in Turnverein, das ischt di onzig gmoansam Freiziitbeschäftigung gse. Es ischt e ehemaligs Stigglokal als Turnhalle benutzt worde.“ (Zitat aus Doazmol Band 1)

Teures Schulmaterial

 

Episode 14 – „Schulmaterial für 35 Franken“: (aus „kurze Lebensbeschreibung und Jugenderinnerungen“ verfasst von Christian Tinner, geboren 1880)

„Ich hatte Gelegenheit von früheren Realschülern Bücher billig zu kaufen und wies sie dann dem Lehrer vor. Er sagte: „Ja nun, sie sind eben nicht gleich wie die der anderen Schüler, aber du kannst wohl nicht gut die neuen auch noch kaufen, ich will dir diese belassen“. Das betraf die Physiklehre, das bürgerliche Geschäftsrechnen, Welt- und Schweizergeschichte, Naturkunde usw. Aus diesen Büchern konnte ich wenig holen und war auf den Unterricht in der Schule und mein Gedächtnis angewiesen.

Die anderen kauften auch jeder ein neues Reiszeug für ca. 20 Franken und ich hatte ein Bazar-Reiszeug für Fr. 3.30 und ein altes Käppi. Der Thek war von meinem Vater aus Karton selbst hergestellt. Die Bekleidung blieb immer so bescheiden wie mein Wachstum und die Ernährung blieb ebenfalls gleich mangelhaft. Aber das alles machte meiner Lernbegierde keinen Einfluss.

… Die andern Schüler hielten jeweilen die Hand hoch, wenn sie glaubten die richtige Antwort zu wissen. Da ich einen Freiplatz hatte, liess ich auch den anderen den Vorrang und hielt nicht auf, ausser beim Kopfrechnen und nur wenn der Lehrer mich grad anschaute, dann aber zog ich den Finger sofort wieder zurück. Aber er liess mich nicht einfach sein. In allen Fächern forderte er mich ganz unverhofft auf. Dann stand ich auf, legte die Arme übereinander, wiederholte die Frage, gab deutlich meine Antwort und sass wieder ab.

Gegen den Frühling des ersten Schuljahres suchte ich so viel wie möglich auch in den Deutschstunden die Antworten französisch zu geben. Einmal hiess es am Schulschluss: „…. du gibst mir in den Deutschstunden oft französische Antworten und sie sind gut; aber höre, ich darf in den Deutschstunden nicht französische Antworten annehmen, wenn ich verklagt würde, würde ich bestraft.“… „Ich danke Ihnen Herr Lehrer, ich will es in Zukunft unterlassen“.

Einmal gab es ein unliebsames Vorkommnis . Mein Nebenschüler J.O. hätte in der Französischstunde antworten sollen und konnte es nicht, da sagte ich‘s ihm. Der Lehrer war hinter uns. J.O. gab die Antwort, aber der Lehrer fragte „Hast du es selbst gewusst?“ J.O. wurde rot; „nein du hast es nicht gewusst, der Tinner hat dir eingeblasen; an mich gewandt: „Hast du eingeblasen?“ „Ja, Herr Lehrer“. „Du schreibst mir auf morgen hundert Mal: Man soll nicht einblasen“. Die Klasse erhielt auf morgen sehr viele Hausaufgaben, die ich natürlich auch zu machen hatte. Als ich mit diesen fertig war, schlug es Nacht 1 Uhr. Nun kam die Strafaufgabe daran, aber ich war furchtbar müde. Ich probierte, was geht rascher, deutsch oder „il ne faut pas souffler“. Ich schrieb auf den Bogen „Strafaufgabe“, darunter die Zahlen I bis 100 schön untereinander. Nun schrieb ich den Satz einmal deutsch und fünf Mal französisch. Als am Morgen der Lehrer meine Strafaufgabe sah, rief er mich her. „Was musstest du schreiben? Warum hast du’s französisch geschrieben?“ „Es war Französischstunde“. … „Warum hast du nur 5 Mal geschrieben?“ Ich erzählte ihm, dass ich immer bis zehn Uhr fädeln müsse , dass ich um ein Uhr sehr müde war und nicht mehr schreiben konnte. „Nun ja, ich will es dir glauben, geh an den Platz…“. „Ich danke, Herr Lehrer“ sagte ich und atmete tief auf.

Das Examen dauerte bis Mittag 12 Uhr. Dann bekamen wir im Hirschen in Frümsen ein gutes Mittagessen. Nachher hatten wir noch Deklamationen und Lieder vorzutragen und durften auch noch hören, wie die Gastwirtin den Herren Schulräten Lieder vorsang und dazu Klavier spielte. „Die Sonne sank im Westen mit ihr die heisse Schlacht“.

Dann kam die Ferienzeit: Sie war mir fast eine Ewigkeit. Meine Ferien brachte ich am Fädlertische zu. … Ich sehnte mich nach dem Wiederbeginn der Schule. …Es war mir recht wohl zu Mut wieder im lieben Schulzimmer zu sein und den weisen Lehren zu folgen. Leider sollte aber meine Freude bald eine Trübung erfahren. Schon nach wenigen Wochen munkelten einige Mitschüler, deren Väter mehr wussten als meiner, unser Reallehrer gehe fort, er habe die Stelle gekündigt. Ich kam in Kummer und es ging auch nicht lange, da musste ich wieder dableiben. Als dann die anderen draussen waren, sagte der Lehrer: „Tinner, es tut mir leid, du schuldest mir für Schulmaterialien etwa 35 Franken, und ich kann sie dir leider nicht schenken, weil ich selber auch nicht vermöglich und zudem hier nur schwach belohnt werde.

Stipendien doazmol

 

Episode 13 – „Freiplatz an der Realschule“: (aus „kurze Lebensbeschreibung und Jugenderinnerungen“ verfasst von Christian Tinner, geboren 1880)

„Als es im Frühjahr 1893 gegen das Examen ging, fragte der Lehrer einmal, wer in die Realschule gehen werde, solle ihm das melden, damit er das nötige Zeugnis machen könne. Leider durfte ich mich nicht melden, denn meine Eltern erklärten, dass sie mich nicht entbehren können; ich müsse in die Ergänzungsschule gehen und in der freien Zeit fädeln. Dabei blieb es trotz meinem ständigen Bitten und obwohl es mir während der früheren Jahre versprochen war, wenn ich fleissig fädle. Aber das nächste Jahr könne ich dann gehen. Also vertröstete ich mich und fädelte weiter. Aber etwa von Neujahr an merkte ich, dass die Eltern nicht an diese Möglichkeiten glaubten, im kommenden Frühling mich gehen zu lassen. Das machte mich stutzig und traurig. Ich sah ja wohl ein, dass es ihnen schwer gehen wird und dass sie meine Hilfe sehr missen müssten, aber ich überlegte mir auch, was soll denn aus mir werden? Ich fasste den Entschluss: Ich setze es einfach durch! Diesen Frühling will ich gehen, das ist für mein Leben nötig. Mein Verhalten bis zum Frühling trug mir viele Schläge und dem Vater auch viel Verdruss ein. Als dann im April ausgeschrieben war „Realschule Frümsen – Aufnahmeprüfung Montag, den….“, da war der vorherige Sonntag grösster Kampf. Mehrmals Schläge mit dem Strick und „wit jez recht toa“? „Wenn i tar i d’Realschuel toni recht und sos nöd“.

….Endlich um halb neun Uhr kam’s heraus: „Jo nu, wenn’d glich nöd wit recht toa, isch es no gschider, du göngist, aber du muest mr all Obed fädle bis em zehni und um en Friplatz muest selber froga“. „Jo da toni alls, i danka“.
Ich war nur mit Hose, Hemd und Weste bekleidet und barfuss, es war schon dunkel, aber ich sprang so schnell ich mochte das ganze Dorf hinab zum Pfarrhaus. Zog hastig am Glockenzug, da kam Marie, des Pfarrers Schwester: „Was ist?“ „I möchte gern zum Herr Pfarrer“. „Jo jez isch es z’spoot“. Aber der Pfarrer hatte mich gehört und gekannt, kam und fragte nach meinem Begehr. „Herr Pfaarer, i gängt gern i d’Realschuel“. „So, so, da ist recht, i ha scho lang denkt du söttist go“. „Aber i ha ko Zügnis vom Learer“. „Das macht nichts, komm du nur am Morgen“. „Jo gern, aber de Vater het gsoat, i möss selber um en Friplatz fröga“. „Ja, ja, Christian, do will ich scho defür sorga, gang nu heim und schlof fröhlich.“ „I danke ihne vielmol Herr Pfaarer, guet Nacht“.
Mit welcher grossen Freude und sogar noch einigem Stolz eilte ich nach Hause und meldete alles. Sogar der Vater zeigte noch Freude über meine Fröhlichkeit. Ich erneuerte ganz unaufgefordert mein Versprechen, dass ich dann schon fleissig fädeln wolle jeden Abend bis zehn Uhr.

Das Aufstehen am frühen Morgen ging mir noch selten so leicht wie an diesem Montag. Ich rüstete mich so festtäglich als es mir armen Büblein eben möglich war, nahm Bleistift, Federhalter und eine Rösslifeder und auch noch ein angefangenes Schreibheft mit. Von Salez war ich der einzige Kandidat. Vom Elternhaus bis zur Schule wären es ca. ¾ Stunden, aber ich brauchte nur ca. eine halbe Stunde.
Auf dem Platz beim Realschulhaus standen schon einige Gruppen Knaben. Ich merkte es bald: Da sind Sennwalder, da sind Saxer und da sind Frümsener. Etwas entfernt standen noch zwei Mädchen und ich stand ganz allein und endlich wurde die Haustüre von innen geöffnet; ein kleiner, junger Herr mit schwarzer Brille rief freundlich „kommt herein“.

Das war nun mein neuer Lehrer. Wie freute ich mich über dieses schöne Schulzimmer! Es standen da aber einige Männer und Herr Pfarrer Sonderegger von Salez. Das war der einzige Mensch, den ich kannte. Es waren zwei Reihen Schulbänke. Eine Reihe waren Dreiplätzer und die anderen Zweiplätzer. Der Lehrer hiess uns Platz nehmen; die Mädchen in die vorderste Bank, anschliessend die kleineren und dann die grösseren und zu hinterst die grössten Buben. Der Lehrer hielt eine kurze Ansprache, verteilte Papierbogen und gab uns dann Aufgaben. Wir mussten uns nummerieren auf 4. Dann gab es Aufsatzaufgaben, vier verschiedene Themen. So war also abschreiben ausgeschlossen. Schriftliches Rechnen fand ebenfalls auf selbständigem Arbeiten statt. Es gab dann eine Pause zum Abtreten auf den Spielplatz. Unterdessen wurden wahrscheinlich die Arbeiten geprüft und nachher gab es noch Kopfrechnen und Sprach-Prüfungen. Es wurde schon fast 12 Uhr, da hiess es plötzlich: Aufpassen, die Schule ist aus. Der Herr Pfarrer hielt eine kurze Ansprache. „Ihr habt Eure Aufgaben gut gemacht und ihr seid jetzt Realschüler. Seid immer fleissig und führet euch recht anständig auf in der Schule und auch ausser derselben. Seiet auch immer dem Herr Lehrer recht folgsam. Es haben hier zu bleiben:“ Er nennt ca. 4 Namen, zuletzt auch mich.

….. Zuletzt kam ich dran, es war mir bang geworden. Wenn auch ich noch abgewiesen würde? Diese Schmach! Aber es hiess: „Du hast die Sache gut gemacht, die Prüfung gut bestanden und bist also auch ein Realschüler. Wir haben beschlossen, dir auch den Freiplatz zu gewähren. Wir müssen noch wissen, ob du auch die Schulmaterialien frei haben willst oder ob du sie bezahlen kannst.“ Ich glaubte nicht so frech sein zu dürfen und die Lehrmittel auch noch gratis zu wünschen und sagte, „ich werde sie bezahlen“. – Das war dumm und brachte mir später noch einige sehr hinderliche Unannehmlichkeiten.